Grunwald, Lutz
Antike Tuffbergwerke am Laacher See-Vulkan
Mit den Tuffbergwerken rund um den Laacher See-Vulkan fassen wir die Wurzeln der Bausteinindustrie in Mitteleuropa. Erst die Baumeister, die im Rahmen der augusteischen Expansions- und Urbanisierungspolitik aus dem Mittelmeerraum kamen, brachten das Wissen um eine steinerne Architektur in unsere Region. In weitläufigen Stollensystemen gewonnen, diente der wertvolle Stein von Anfang an zur Errichtung repräsentativer Großbauten. Als beredtes Zeugnis dafür steht das sog. Ubiermonument in Köln, der älteste Steinbau im römischen Deutschland. Als früher Exportschlager war Tuff als erster „Leichtbaustein“ ein begehrter Baustoff auf antiken und mittelalterlichen Großbaustellen. Basierend auf dieser 2000-jährigen Tradition, ist die Tuffindustrie noch heute ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region.
In dem Buch werden die 59 bekannten antiken Bergwerke ausführlich beschrieben, ebenso die Techniken zur Steingewinnung und -verarbeitung. Die ungewöhnlich gute Quellenlage ermöglicht zudem eine fundierte Einschätzung zum Ertrag der Lagerstätte. Recherchen zu den zahlreichen Steinbruch- und Weiheinschriften werfen ein neues Licht auf die Heiligtümer im Tuffabbau und gewähren Einblick in die religiöse Vorstellungswelt der dort arbeitenden Menschen. Eine ausführliche Studie von Lutz Grunwald zur Keramik aus den Bergwerken führte zu einer völlig neuen Bewertung der mittelalterlichen Abbauaktivitäten.
Zwischen Machtzentren und Produktionsorten: Wirtschaftsaspekte von der römischen Epoche bis in das Hochmittelalter am Rhein und in seinen Nachbarregionen
Am 12. November 2018 wurde in Ingelheim am Rhein ein Kooperationsabkommen zwischen der dort ansässigen Forschungsstelle Kaiserpfalz und dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie, unterzeichnet. Damit wurden jene engen Verbindungen schriftlich verstetigt, die schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen den Mainzer Wissenschaftlern und den Erforschern der Ingelheimer Kaiserpfalz bestanden hatten. Im Fokus der zukünftigen Kooperation stehen besonders europäische Wirtschaftsaspekte und Themen der überregionalen Materialforschung. Erste Früchte dieser Zusammenarbeit konnten bei interdisziplinär angelegten Tagungen am 12. und 13. November 2018 in Ingelheim sowie am 28. und 29. November 2019 in Mayen vorgestellt werden. Diese Veranstaltungen dienten zugleich dem intensiven Austausch mit Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland. Die Resultate beider Tagungen sind in diesem Tagungsband zusammengeführt. In 25 Fachbeiträgen werden die Grundlagen des Handels im Rheinland und seinen Nachbarregionen sowie die Vorgänge des Warenaustausches zwischen Machtzentren, ländlichen Regionen und Produktionsstätten im Zeitraum von der römischen Epoche bis in das Hochmittelalter aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet. Sowohl für die großräumigen Entwicklungstendenzen und die Beziehungen zwischen unterschiedlichen Wirtschaftsregionen als auch für die Produktionsstätten und die Vermarktungsrouten bieten die Beiträge richtungsweisende Ausführungen, grundlegende Darstellungen und außergewöhnliche Beschreibungen. Sie bilden die Basis für zukünftige Forschungen in an das Rheinland anschließenden Teilen Europas, die im Rahmen der Kooperation geplant sind und in weiteren Tagungen ihren Niederschlag finden sollen.
Die römischen und frühmittelalterlichen Töpfereien von Mayen: Ein Produktionszentrum von europäischer Bedeutung
Die in Mayen hergestellte Mayener Ware gilt als charakteristisch und datierungsrelevant. Für Teile des antiken europäischen Wirtschaftsgefüges waren diese Keramikprodukte prägend. Die Mayener Töpfereien gehörten zum vormodernen Industrierevier zwischen Osteifel und Rhein. Hier erfolgte über das 5. Jahrhundert hinweg ein bruchloser Wissens- und Techniktransfer von der römischen Epoche in das Frühmittelalter. Die Studie geht über die typochronologische Beurteilung der Gefäßkeramik hinaus. Es werden auch Aspekte des individuellen Lebens der Töpfer in ihren vielschichtigen Lebenswelten wie ihre Glaubensvorstellungen, ihre Besitzabhängigkeiten oder die Geldwirtschaft angesprochen.
Pre-modern Industrial Districts: Panel 3.12
Das antike Steinbruch- und Bergwerksrevier der Osteifel wird seit 1997 vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum (RGZM) in Mainz und Mayen erforscht. Die Produkte – allen voran Mühlsteine aus Basaltlava, Baumaterial aus Tuffstein und Keramikgeschirr – wurden viele Jahrhunderte lang in weite Teile Europas exportiert.
Um dieses reichhaltige Bodenarchiv zur antiken Steinindustrie zu untersuchen und deren Rolle bei der römischen Okkupation und der Romanisierung nördlich der Alpen zu definieren, wurde ein umfangreiches Forschungsprogramm initiiert. Wesentliche Themen waren die Basalt- und Tuffsteinindustrie sowie das Wirtschaftszentrum Mayen. Die Keramikindustrie wird aus der Perspektive archäologischer Materialstudien, aber auch durch die experimentelle Archäologie untersucht. Weitere Studien widmeten sich den Voraussetzungen, unter denen sich der wirtschaftliche Aufschwung vollzog, insbesondere der Infrastruktur und der ländlichen Besiedlung.
Als Industrierevier von überregionaler Bedeutung erwies sich das Steinbruch- und Bergwerksrevier der Osteifel als hervorragende Fallstudie für die Erforschung vormoderner Industriereviere allgemein und ermöglichte die Ableitung eines Modelles zur Untersuchung antiker Industrien. Von besonderer Bedeutung für ihr Verständnis sind die Langzeitperspektive und ein ganzheitlicher Ansatz, der ökonomische und soziale Aspekte sowie die Siedlungsentwicklung berücksichtigt.