Saupe, Achim
Museen – Orte des Authentischen? Museums – Places of Authenticity?
Museen, aber auch Gedenk- und Kulturerbestätten sowie Archive und Bibliotheken sind die Hüter, Bewahrer und Auszeichnungsinstitutionen »authentischer Dinge« und in vielerlei Hinsicht zugleich »Orte des Authentischen«. Gerade vor dem Hintergrund der sich rasant entwickelnden digitalen Möglichkeiten sind sie damit wichtige Instanzen mit dem Anspruch, das »Echte« und das »Wahre« zu bewahren und zu vermitteln. Der Band gibt einen Einblick in die Breite der Diskussion zum Topos »Authentizität« in Museum und Kulturerbe.
Die Publikation geht auf eine Serie von internationalen Fachtagungen des Leibniz-Forschungsverbundes Historische Authentizität zurück, die am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz sowie an der Universität Cambridge zwischen 2016 und 2019 stattfanden, und greift zudem die Diskussion vorangehender Veröffentlichungen des Forschungsverbundes auf.
56 Autorinnen und Autoren beschreiben aus unterschiedlichsten disziplinären Sichtweisen in 43 übergreifenden Beiträgen und anhand von ausgewählten Fallbeispielen verschiedenste Dimensionen der Auseinandersetzung mit dem Phänomen »Authentizität« in Sammlung, Forschung, Konservierung, Restaurierung, Ausstellung, Vermittlung und virtueller Darstellung. Die behandelten »Museumstypen« reichen dabei von Naturkundemuseen über Technik-, Kunst-, Universitäts-, Forschungsmuseen bis hin zu Personenmuseen. Sie gehen aber auch darüber hinaus, indem sie andere sammelnde Einrichtungen wie Bibliotheken und Archive einbeziehen.
Authentisierung im Museum: Ein Werkstatt-Bericht
Museen sind Orte des »Originals« und »authentischer« Objekte. Aber was ist mit dem schillernden Begriff des Authentischen im musealen Bereich überhaupt gemeint? Können Kopien, wenn schon keine Originale, so doch authentische Objekte sein? Ist Authentizität eine Eigenschaft der Dinge oder eine Zuschreibung durch Museumsmacher? Und welche Rolle spielen Authentizität und Aura für die Besucher und Nutzer unterschiedlicher Museen?
Der vorliegende Band schlägt einen neuen Weg bei der Beantwortung dieser Fragen ein: Er untersucht Praktiken des Authentisierens im Museum. Thematisiert wird, wie Sammlungslogiken und Auswahlprozesse, wissenschaftliche Forschung, restauratorische und konservierende Praktiken sowie Ausstellungspräsentationen und Vermittlungsperspektiven Dinge authentisieren, auratisieren und sakralisieren. Oder aber umgekehrt ehemalige Gewissheiten infrage stellen und das zunächst als authentisch Angesehene dekonstruieren. Insofern schaffen Museen nicht nur historische Authentizität, sondern sie zerstören sie auch, indem alte Zusammenhänge verändert und neue kreiert werden – etwa wenn Gebrauchs- oder Fundzusammenhänge in eine Ausstellung überführt oder modifiziert werden.
Der Band gibt Einblicke in archäologische, kultur- und zeithistorische, technik- und naturkundliche Museen und ihren Umgang mit dem Authentischen. Er geht auf aktuelle Forschungen des Leibniz-Forschungsverbunds Historische Authentizität und seiner beteiligten Institutionen zurück und will zugleich dafür sensibel machen, in der kuratorialen Praxis die Chancen und Hürden beim Operieren mit dem Authentizitätsbegriff stärker wahrzunehmen.