Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau Schöningen

Forschungen zur Urgeschichte aus dem Tagebau Schöningen

1994 stießen Archäologen im Braunkohlen-Tagebau bei Schöningen im Landkreis Helmstedt auf eine wissenschaftliche Sensation: Funde und Befunde wiesen auf steinzeitliche Jäger, die hier an einem Seeufer vor ca. 300.000 Jahren Jagd auf Wildpferde machten. Holzartefakte und weiteres organisches Material wurde von mächtigen Erdschichten überlagert und luftdicht konserviert. Die Hinterlassenschaften gehören zu den ältesten Besiedlungsspuren in Europa, die neue Erkenntnisse über die Fähigkeiten des Urmenschen vermitteln.

Bibliographische Angaben

Herausgeber
Römisch-Germanische Zentralmuseum, Mainz
Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege, Hannover
Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts, Frankfurt

ISSN
ISSN (online): 2942-5697
ISSN (Print): 2942-5689

Bisher erschienen

Karl-Ernst Behre (Hrsg.)

Die chronologische Einordnung der paläolithischen Fundstellen von Schöningen

Die Aufdeckung eines Jagdlagers im Braunkohlen-Tagebau von Schöningen mit den ältesten Speeren der Welt hat sowohl in der Wissenschaft als auch in der breiten Öffentlichkeit eine große Resonanz gefunden. Daneben stellt die Grube ein Fenster in die Vergangenheit dar, das über mehrere Hunderttausend Jahre den geologischen Ablauf und die Umweltgeschichte aufzeigt.

Die riesigen geologischen Aufschlüsse und die archäologischen Ausgrabungen haben Schöningen zu einem Schlüsselgebiet für die gesamte mitteleuropäische Eiszeitalterforschung gemacht. In dem ersten Band der neuen Reihe zu diesem Fundplatz werden in sieben Beiträgen die Untersuchungsergebnisse der beteiligten Disziplinen zum zeitlichen Ablauf des Mittelpleistozäns vorgelegt. Vier weitere Beiträge stellen die Ergebnisse aus Schöningen in den größeren Kontext Mitteleuropas, für dessen zeitliche Gliederung sie große Bedeutung haben.

Thomas Terberger (Hrsg.), Stefan Winghart (Hrsg.)

Die Geologie der paläolithischen Fundstellen von Schöningen

Der Tagebau von Schöningen bot über 30 Jahre lang ausgezeichnete Einblicke in die Geologie des Eiszeitalters in Niedersachsen. Insbesondere die Ablagerungen der letzten 400000 Jahre (Mittel- und Jungpleistozän) waren immer wieder durch Profile im Tagebaubetrieb aufgeschlossen.

Es ist das Verdienst von Dietrich Mania, diese einmaligen Archive mit Unterstützung von Hartmut Thieme systematisch dokumentiert zu haben. Mit dem zweiten Band der Schöningen-Reihe wird diese Grundlagenarbeit umfassend vorgelegt. Zugleich geben Jörg Lang, Jutta Winsemann und andere einen Überblick über die Ergebnisse ihrer seit 2009 durchgeführten geowissenschaftlichen Studien. Die Beiträge bieten ein umfassendes Bild zur Schöninger Schichtenfolge und der Entstehung des Sees, an dessen Ufer Pferdejäger ihre Beute zerlegten. Schließlich ist die Untersuchung von Gottfried Böhme zu den ausgezeichnet erhaltenen Fisch- und Amphibienresten aus den Verlandungsfolgen 1-4 ein wesentlicher Baustein zur Charakterisierung der klimatischen Bedingungen der Zeit vor 300000 Jahren.

Gerlinde Bigga

Die Pflanzen von Schöningen

Die Speere von Schöningen belegen als die ältesten Jagdwaffen der Menschheit die Nutzung der Ressource Holz durch die Menschen vor etwa 300 000 Jahren. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine breite Artenvielfalt von Pflanzen für die Schöninger Jäger großes Nutzungspotential hatte von der Nutzung kohlenhydratreicher Wurzeln im Winter bis zur Medizinalpflanze. Gerlinde Bigga hat in ihrer hier vorgelegten Dissertation die Pflanzenfunde der Ausgrabungen von Schöningen auf ihr Nutzungspotential für den Menschen hin untersucht und zeigt die vielfältigen Ressourcen auf, die den Urmenschen zur Verfügung standen. Auch wenn für diese Forschungen archäologische Nachweise schwer zu erbringen sind, kann sie mit dem Rückgriff auf ethnologische Untersuchungen und Berechnung des Energieverbrauchs die Nutzung von Pflanzenressourcen aufzeigen. Ihre Arbeit ist ein wichtiger Baustein, um das komplexe Verhältnis zwischen Mensch und Natur zur Zeit der Schöninger Speere besser zu verstehen und die damaligen Menschen nicht nur als Jäger kennenzulernen.

Nicholas J. Conard (Hrsg.), Henning Hassmann (Hrsg.), Kurt Felix Hillgruber (Hrsg.), Jordi Serangeli (Hrsg.), Thomas Terberger (Hrsg.)

The Homotherium Finds from Schöningen 13II-4: Man and Big Cats of the Ice Age. Contributions of the scientific workshop at the paläon (Schöningen) from 05.06 to 07.06.2015

Säbelzahnkatzen und andere große Raubkatzen sind für viele Menschen das Sinnbild eines gefährlichen Raubtiers. Nach der Entdeckung der ältesten Holzwaffen der Menschheit sind in der etwa 300 000 Jahre alten Fundstelle von Schöningen 2012 erstmalig auch die Überreste der europäischen Säbelzahnkatze (Homotherium latidens) entdeckt, dokumentiert und ausgegraben worden. In Folge dieser Entdeckung wurde in Schöningen 2015 ein zweitägiger wissenschaftlicher Workshop mit dem Titel »The Homotherium finds from Schöningen 13II-4 and big cats of the Ice Age« abgehalten. Dieser Band basiert auf den Vorträgen und gibt einen Überblick über ein für die Entwicklung des Menschen entscheidendes Thema – unser Zusammenleben mit großen Raubkatzen. Ziel ist es, die vielfältigen Themen vom fossilen Beleg der europäischen Säbelzahnkatze, der Frage ihres Aussterbens, aktualistische Vergleiche zu heutigen Raubkatzen und die Rezeption und Beziehung von Menschen zu Raubkatzen zu thematisieren.