Wolf, Claus
Das Erdwerk der Michelsberger Kultur von Bruchsal „Aue“: Eine lange Geschichte
Am nordöstlichen Rand des badischen Städtchens Bruchsal wurde 1986 im Gewann „Aue“ durch Luftbildbefliegung ein Doppelgrabenwerk der Michelsberger Kultur (etwa 4300–3600 v. Chr.) entdeckt. In den Jahren 1987–1993 konnten die noch auf etwa 550 m Länge erhaltenen Gräben annähernd vollständig archäologisch untersucht werden. Überraschend war die Auffindung von sechs Grabgruben am Rande und unter der Sohle des äußeren Grabens mit den Skeletten von neun Kindern und sieben Erwachsenen in teils geordneter, teils irregulärer Lage.
Die sorgfältig dokumentierte Ausgrabung machte es möglich, die Baugeschichte der Grabenanlage detailliert nachzuvollziehen. Die Analyse der Befunde offenbarte, dass das Erdwerk zu keiner Zeit in der heute erhaltenen Gestalt existierte, sondern dass diese das Ergebnis vielfältiger anthropogener und natürlicher Umformungen über einen Zeitraum von sechs Jahrhunderten hinweg ist. Die Diskussion um die Funktion der Michelsberger Erdwerke kann allerdings auch in Bruchsal „Aue“ nicht entschieden werden – Hinweise auf eine profane Siedlungsnutzung mit Defensivcharakter sind ebenso vorhanden wie auf kultisch-rituelle Handlungen.
Gammertingen, St. Michael: Auswertung der archäologischen Ausgrabungen insbesondere unter herrschafts-, siedlungs- und landesgeschichtlicher Fragestellung
Am Rand der spätmittelalterlichen Kleinstadt Gammertingen liegt die unscheinbare Michaelskapelle. Sie ist ein Überbleibsel eines Hochadelssitzes des 10.–12. Jahrhunderts, dessen Wurzeln bis in die Merowingerzeit zurückreichen. Die interdisziplinäre Auswertung der archäologischen Ausgrabungen bietet einen ungewöhnlich dichten Einblick in die Entstehung und Entwicklung eines mittelalterlichen Dynastensitzes und zugleich einen Hinweis darauf, welche Rolle örtlicher Tradition bereits in der Frühzeit der Adelsgenese zukommen kann. Mit dem um 980 errichteten ersten massiven Kirchenbau beginnt unmittelbar die Nutzung als Familiengrablege der ansässigen Hochadelssippe. Aber auch zu späteren Zeiten liefert die Michaelskapelle Informationen aus erster Hand – so etwa zum epochalen Konflikt zwischen dem Gammertinger Stadtherrn Dietrich von Speth und Herzog Ulrich von Württemberg im 16. Jahrhundert.
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Die Konstanzer Marktstätte im Mittelalter und in der Neuzeit
Konstanz am Bodensee zählt zu den Städten Baden-Württembergs, die den Zweiten Weltkrieg weitgehend unversehrt überstanden haben. Die umfangreichen und besonders unter den Aufschüttungen am ehemaligen Seeufer hervorragend erhaltenen archäologischen Überreste führten dazu, dass die Konstanzer Altstadt sich seit den 1980er-Jahren zu einem der Schwerpunkte der archäologischen Denkmalpflege des Landes entwickelte. 1989 bis 1992 fanden im Bereich der Marktstätte groß angelegte Grabungen statt, die sich durch eine außergewöhnliche Befunddichte und große Mengen an Fundmaterial auszeichneten. Die detaillierte Auswertung der Befunde und Funde, die in diesem Band vorgelegt wird, erlaubt neue Einblicke in die Stadtentwicklung des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Im Mittelpunkt stehen dabei neben der Bebauung insbesondere die mittelalterliche Landgewinnung, der Hafenbau und die neuzeitliche Marktplatznutzung.
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Konstanz, Obere Augustinergasse: Ein Hinterhofquartier und sein historisch-bauhistorisches Umfeld
Die Konstanzer Altstadt ist mit ihrer historischen Bausubstanz und ihren hervorragend erhaltenen archäologischen Überresten seit den 1980er-Jahren einer der Schwerpunkte der archäologischen Denkmalpflege des Landes Baden-Württemberg. Im Hinterhofbereich der wichtigsten Nord-Süd-Verbindung in der Stadt, der Hussenstraße, wurden 1986–1987 großflächige Ausgrabungen durchgeführt. Nach der Aufsiedlung in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts hatte sich hier bis ins 14. Jahrhundert ein sozial gehobenes Quartier entwickelt. Die Auswertung der archäologischen Untersuchungen erfolgte in einem interdisziplinären Ansatz, ausgehend von der städtebaulichen und historischen Einbettung des Quartiers und der Auswertung der Befunde über die Vorlage des Fundmaterials aus Leder, Glas, Keramik und Metall bis hin zu naturwissenschaftlichen Untersuchungen der Tierknochen und Überreste von Insekten, die unter anderem Rückschlüsse auf die Ernährung der Bewohner und die hygienischen Verhältnisse erlauben.
Vicus Aurelianus: Das römische Öhringen
Öhringen um 200 n.Chr.: Mehrere hundert Soldaten in zwei Kastellen überwachen den nahen Limes. Um die Militärlager leben ihre Familien, Händler und Handwerker. Die Siedlung – mit dem Namen vicus Aurelianus – ist ein wichtiger Posten des Römischen Reiches an der Grenze zu den Germanen. Schon im 18. Jh. erkannte die Altertumsforschung die Bedeutung des Platzes. Christian Ernst Hanßelmann, einer der Pioniere der Provinzialrömischen Archäologie, leitete hier erste Ausgrabungen. Er deckte Mauerzüge auf und barg Münzen, Keramik, Inschriften und weitere Funde. Die Römer sind bis heute in Öhringen präsent. Das UNESCO-Welterbe Limes, das Weygang-Museum, die Limes Blicke und die Landesgartenschau 2016: Auf vielfältige Weise werden wir an den vicus Aurelianus erinnert.
Von Stadtmauern und Salbtöpfen: Archäologie zur Siedlungs- und Apothekengeschichte in Biberach
Die Stadt Biberach bewahrte über Jahrhunderte einen weitgehend ungestörten Stadtkern mit einem beachtlichen Bestand an spätmittelalterlicher Bausubstanz. Im vorliegenden Band werden die Ergebnisse von zwei Ausgrabungen an ganz unterschiedlichen Standorten im mittelalterlichen Stadtgefüge vorgestellt. Bei der Auswertung der Grabung auf dem Viehmarktplatz stehen die Fragen nach dem Siedlungsbeginn und der Entwicklung in Stadtrandlage und damit verbunden nach der ersten Stadtbefestigung im Mittelpunkt. Die Untersuchung des Gebäudes Marktplatz 7 dagegen befasst sich mit der Baugeschichte und Nutzung eines spätmittelalterlichen Bürgerhauses in zentraler Lage zwischen Kirche und Markt, das im Laufe seiner langen Geschichte unter anderem von einem Apotheker genutzt wurde. Durch die Vorlage und Interpretation der Befunde und des Fundmaterials aus beiden Ausgrabungen wird ein facettenreiches Bild vom Alltagsleben in einer mittelalterlichen Stadt entworfen.
Verknüpft und zugenäht! Bound and Stitched Up ! Gräser, Bast, Rinde – Alleskönner der Steinzeit / Grass, Bast, Bark – Stone Age All-Rounders
Wahre Alleskönner waren die Textilien aus den prähistorischen Pfahlbausiedlungen am Bodensee und in Oberschwaben. Komplexe Herstellungstechniken und vielfältige Rohstoffe lassen eine erstaunliche Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten erkennen. Das Forschungsprojekt „THEFBO“ (2018–2021) untersucht die kulturhistorische Bedeutung der Textilien für frühe landwirtschaftliche Gemeinschaften. Das vorliegende Begleitheft zu einer Wanderausstellung zeigt in zahlreichen Beiträgen der Projektpartner* innen und Interviews mit den Beteiligten die Vielfalt dieses Themas.