Untermann, Matthias
Freiburg 1091-1120: Neue Forschungen zu den Anfängen der Stadt
Die in Freiburg erst vor wenigen Jahren in Gang gekommene archäologische Erforschung des Stadtgrundes und der frühen Siedlungselemente, die vor allem in den Kellerbereichen von später neu errichteten Bauten erhalten blieben, hat die Diskussion um die Entstehung Freiburgs und um die Frühzeit der von den Zähringern begründeten städtischen Siedlung neu aufleben lassen. Die ältere Auffassung, die meinte, man halte mit dem berühmten Marktprivileg Konrads von Zähringen aus dem Jahre 1120 den urkundlichen Beweis für eine planmäßig durchgeführte Gründung der Stadt auf weitgehend unvorbereitetem Gelände in der Hand, sieht sich nun wieder mit der gegenteiligen, durch die archäologischen Befunde gestützten Ansicht konfrontiert, die die Entstehung Freiburgs als einen zeitlich gestreckten Vorgang zu deuten geneigt ist. Damit aber tritt auch das andere, von den Marbacher Annalen überlieferte, durch Eduard Heycks frühes Verdikt nie recht ernst genommene »Gründungsjahr« Freiburgs, nämlich 1091, wieder in das Blickfeld des Interesses. Es zwingt dazu, die Frage nach den Anfängen statt nach dem Anfang - von Markt und Stadt zu stellen. Diesen Versuch unternahm im »Jubiläumsjahr« 1991 die im vorliegenden Band vereinigte, vom Historischen Seminar der Universität und vom Stadtarchiv Freiburg veranstaltete Reihe von sieben Vorträgen. Es zeigte sich: Seit spätrömischer Zeit bot der gut strukturierte, durch Verkehrswege erschlossene weitere Raum um Freiburg günstige Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Nutzung und intensive Besiedlung und damit für die Entstehung stadtähnlicher Zentren mit zentralörtlichen Funktionen wie Breisach, Sasbach, Riegel und die befestigte Großsiedlung auf dem Zähringer Burgberg. Seit den 1090er Jahren lagen die politischen Voraussetzungen vor für eine Konsolidierung der wirtschaftlichen Prosperität mit der Anlage einer jetzt archäologisch nachgewiesenen, unter dem Schutz der Burg auf dem Schloßberg stehenden Siedlung. Die Marktprivilegierung von 1120 schloß die vorausgegangene Phase organisatorisch und rechtlich ab. Auf diesem Fundament bildete sich der herrschaftliche Markt zur mittelalterlichen Stadt aus, deren sozial- und verfassungsgeschichtliche Entwicklung in den ersten anderthalb Jahrhunderten zwar im ganzen nur umrißartig, gelegentlich aber, vor allem im Hinblick auf die führenden Familien, unerwartet detailliert dargestellt werden kann.
LOPODVNVM VII: Ladenburg und der Lobdengau zwischen ‚Limesfall‘ und den Karolingern
Die Stadt Ladenburg kann auf ein reiches historisches Erbe zurückblicken: In der römischen Epoche war Lopodunum der Hauptort einer ausgedehnten Stadtgemeinde, der civitas Ulpia Sueborum Nicrensium, und ab der karolingischen Zeit ist Lobedtenburc als Zentrum des Lobdengaues belegt. Für den Zeitraum dazwischen fallen schriftliche Quellen weitgehend aus; umso wichtiger sind archäologische Befunde und Funde. Die bedeutendsten von diesen werden im vorliegenden Band vorgestellt und in den historischen Kontext eingebettet. So werden eine Gruppe von Postumus-Münzen aus Ladenburg präsentiert, neue Interpretationen des spätrömischen burgus und des mittelalterlichen ‚Bischofshofes‘ diskutiert sowie aktuelle Erkenntnisse zu einem karolingischen Gräberfeld im Stadtgebiet vorgelegt. Das Umland von Ladenburg ist durch Überblicke zu den reich ausgestatteten frühmittelalterlichen Gräberfeldern der Region und zu aktuellen Siedlungsgrabungen vertreten. Kritische Neubewertungen schriftlicher Quellen sowie historisch-archäologische Synthesen zu den verschiedenen möglichen Szenarien des ‚Limesfalles‘ und zu Vergleichsregionen wie der spätantiken Pfalz runden den Band ab.
Platz Da! Genese und Materialität des öffentlichen Platzes in der mittelalterlichen Stadt
In der Forschung sind mittelalterliche Platzanlagen als Orte von Öffentlichkeit und Herrschaftsrepräsentation, als «Schauplätze» von Ritualen und sozialen Interaktionen in jüngster Zeit vielfach thematisiert worden. Im vorliegenden Band sind zu diesem Thema 16 Beiträge einer Tagung von 2017 in Zürich zusammengetragen worden.
Bisweilen wurde die Genese und Materialität der konkreten Plätze aus dem Blick verloren. Nur selten wurde danach gefragt, wann, wo und durch wen Plätze angelegt wurden, durch welche physischen Elemente sie begrenzt wurden, woher sie zugänglich waren, wie die Platzfläche befestigt war und wie sich ihr physisches Erscheinungsbild durch die Jahrhunderte hindurch veränderte.
In der Tagung ging es um Plätze als physische Elemente im Gefüge mittelalterlicher Städte. Ganz bewusst werden einzelne Städte als Untersuchungseinheiten in den Blick genommen und die jeweiligen städtischen Freiflächen in ihrem Werden und Funktionieren im konkreten urbanistischen Kontext verglichen. Dass dafür archäologische Befunde genauso wie historische Quellen herangezogen werden, versteht sich von selbst.