Högl, Lukas
Burgen im Fels: Eine Untersuchung der mittelalterlichen Höhlen-, Grotten- und Balmburgen der Schweiz
Das Buch umfasst drei Teile. Der erste ist ein Katalog der Höhlungsburgen der Schweiz. Die meisten davon befinden sich in den Alpenkantonen Tessin und Wallis, vereinzelte Felsburgen sind auf die Kantone Graubünden, Solothurn, Bern, St. Gallen, Baselland, Nidwalden und Waadt verteilt. Ein Blick ins benachbarte Ausland (Frankreich, Italien, Österreich) erfasst vier Objekte. In dieser Materialsammlung, zu der auch Kleinfunde und der Publikation beigelegte Aufnahmepläne gehören, werden die Burgen nach formalen Gesichtspunkten beschrieben. Bei den «Burgen im Fels» unterscheidet man definitorisch 1. die Höhlenburg, wenn die Naturform so beschaffen ist, dass eine einfache gerade Abschlussmauer genügt, um den Bau zu schliessen, 2. die Grottenburg, wenn die Naturform im Grundriss markant zurückweicht und ein oder zwei Seitenwände nötig sind, 3. die Balmburg, wenn die Naturform neben dem oberen Abschluss wesentlich nur eine Wandfläche zur Verfügung stellt. Im französischsprachigen Wallis zirkulieren für Höhlungen im Berge die Bezeichnungen grotte, caverne, scex (lat. saxum= Fels) sowie keltischen Ursprungs balma (Balmen) oder barma.
Im zweiten Teil werden die Bauten eingehend besprochen und analysierende Baubeschreibungen vorgelegt.
Im dritten Abschnitt werden die Burgen in ihren kulturgeschichtlichen, politischen wie geografischen Kontext gestellt. Peter Kaiser zeigt anhand der Walliser Felsenburgen überzeugend auf, dass volkskundliche Fragestellungen wie mündliche Überlieferungen die archäologischen Kenntnisse sinnvoll ergänzen.
Die Erforschung von Höhlenburgen in unzugänglichem alpinem Gelände stellt die Forscher vor sportliche Herausforderungen und erfordert Kenntnis des Bergsteigens und solider Klettertechnik.
Die Burg Marmels: Eine bündnerische Balmburg im Spiegel von Archäologie und Geschichte
Rund hundert Meter über dem Stausee Marmorera liegen unter einem gewaltigen Felsvorsprung die Ruinen der Burganlage Marmels (Gemeinde Marmorera im Tal Oberhalbstein/Sursés, Kanton Graubünden). Die Burg gehörte im hohen und späten Mittelalter den Herren von Marmels, Ministerialen des Churer Bischofs. Zur Anlage in schwindelerregender Höhe gehörte einst eine Kapelle mit zwei angrenzenden Gebäuden, ein Tortrakt und ein repräsentativer, mindestens viergeschossiger Wohnturm.
Eine umfassende Sanierung der Burgruine ermöglichte es dem Archäologischen Dienst Graubünden in den Jahren 1987 und 1988, bauhistorische Untersuchungen an den erhaltenen Gebäuderesten und Ausgrabungen auf dem Gelände durchzuführen. Dass auf einem Burgareal gegraben wird, hat im Kanton Graubünden Seltenheitswert. Doch gerade die Grabungsresultate von Marmels sind für die schweizerische Burgenforschung in verschiedener Hinsicht von Bedeutung.
Dank der Lage der Burg unter einem riesigen Felsvorsprung war ein Grossteil der Anlage stets vor der Witterung geschützt – ein Glücksfall für die Forschung, lagen die Funde doch so über all die Jahrhunderte mehrheitlich im Trockenen. Neben dem grossen Umfang des Fundmaterials ist dessen Bandbreite und Erhaltungszustand aussergewöhnlich. Insbesondere die in mittelalterlichen Ausgrabungen sonst nur marginal vorhandenen organischen Funde waren auf Marmels zahlreich: an die 1000 Hölzer, darunter Geräte, Möbelteile, Bauhölzer und Abfallhölzer, die vom Bauvorgang zeugen, lagen in den ergrabenen Schichten, ferner kamen Lederfragmente und Schuhe, Pergamentreste, zum Teil sogar beschrieben, mehr als 21 000 Tierknochen und 18 000 einzelne Pflanzenreste zutage. Zum organischen Material hinzu kommen Metallgegenstände sowie zahlreiche Schlacken, die von der Metallgewinnung und -verarbeitung zeugen, etwas Keramik und ein grosses Ensemble an Lavezgefässen. Diverse Holzobjekte (Bauhölzer und Geräte) konnten mithilfe der Dendrochronologie sicher datiert werden.
Dadurch gelang es, die Entstehung der Anlage um 1140 und deren Auflassen gegen Ende des 14. Jh. beziehungsweise zu Beginn des 15. Jh. zu datieren. Aber auch Ereignisse während der Burgenzeit konnten mit dieser Methode zeitlich näher bestimmt werden.
Burgruine Hünenberg im Kanton Zug: Archäologie, Geschichte und vom «Geräusch rollender Steine»
Die seit 1962 unter eidgenössischen Denkmalschutz gestellte Burgruine Hünenberg zählt zu den bedeutendsten mittelalterlichen Kulturdenkmälern des Kantons Zug. Die Anlage wurde bereits in der Zeit um 1100 errichtet. Aufwändig bearbeitete Bausteine, farbig bemalter Aussenverputz und kostbare Funde lassen eine Bauherrschaft des hochadligen Milieus erahnen. Später gehörte die Burg in den Besitz der Herren von Hünenberg, die im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts zur führenden Kleinadelsfamilie der Region avancierten. Bei den jüngsten archäologischen Untersuchungen, die in mehreren, kurzen Kampagnen von 2005 bis 2010 dauerten, wurden erstmals moderne, naturwissenschaftliche Methoden auf einer mittelalterlichen Burgstelle angewendet. Die Resultate dieser Analysen erlauben neue und überraschende Erkenntnisse zur Baugeschichte der Burg und geben Einblick in das Leben der einstigen Burgbewohner.