Burkhardt, Nadin
Organizations of Production and Crafts in Pre-Roman Italy: Panel 3.7
Während wirtschaftliche Fragestellungen und Ansätze in den Klassischen Altertumswissenschaften immer wichtiger werden, ist das für Forschungen zum ‚vorrömischen Italien‘, der italienischen Halbinsel, Sizilien und Sardinien in der Eisenzeit, nicht unbedingt der Fall. Bis vor Kurzem gab es so gut wie keine ökonomischen Studien zum ‚vorrömischen Italien‘ mit wenigen Ausnahmen, die sich auf sehr spezielle Bereiche fokussierten:
(1) die Spezialisierung von Handwerk und Produktionen im Kontext von Urbanisierungsprozessen; (2) spezifische Produktionsbereiche, wie etwa die Landwirtschaft, Metallverarbeitung und Salzgewinnung; (3) Studien zu griechischen Kolonien und Kontakten zwischen Griechen und ‚indigenen Bevölkerungen‘; (4) Analysen von Konsumverhalten, insbesondere der Konsum von griechischer Keramik.
Jedoch haben rezente Ausgrabungen und Untersuchungen von Werkstätten, etwa in Gabii, Pithekoussai, Kroton, Lokroi Epizephyrioi, Naxos, Selinunt und Kyme/Cumae, eine Fülle neuer Daten ergeben, die zu einer fruchtbaren und ergiebigen Diskussion von Organisationsformen bei Produktionen und Handwerk im ‚vorrömischen Italien‘ anregen.
Aus diesem Anlass haben vier Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Etrusker und Italiker des DArV e.V. in diesem Panel wirtschaftliche Aspekte des ‚vorrömischen Italien‘ auf der Grundlage ihrer aktuellen Forschungsprojekte diskutiert. Der Fokus liegt bei allen Beiträgen im Bereich der Produktion und des Handwerks. Ziel des Bandes ist es, anhand einer Diskussion aktueller Fallstudien und Methoden zu einer Debatte über mögliche geographische, chronologische und funktionale Muster in der Organisation von Handwerk und Produktionen beizutragen.
Urbanitas – urbane Qualitäten: Die antike Stadt als kulturelle Selbstverwirklichung
Die schier unüberschaubare Anzahl antiker Städte lässt keinen Zweifel daran, wo im klassischen Altertum das Leben pulsierte. Worin genau die große Anziehungskraft der Städte bestand, lässt sich allerdings nur anhand seltener Äußerungen in den Schriftquellen erahnen: Abgesehen von den vielfältigen Unterhaltungsangeboten, mit denen die Städte aufwarten konnten, ist dort stets von Verfeinerungen die Rede, sei es im gesellschaftlichen Miteinander oder in der Gestaltung der materiellen Welt. Aber wie lassen sich solche Facetten urbaner Kultur auch archäologisch nachweisen? Der Tagungsband wendet sich der Frage antiker urbanitas exemplarisch von verschiedenen Seiten zu: Zum einen gilt das Augenmerk all denjenigen architektonisch greifbaren Installationen, die ein kultiviertes Leben jenseits ökonomischer Kriterien der Nützlichkeit erkennen lassen. Zum anderen wird beleuchtet, mit welchen Mitteln sich die Städte ein eigenes Selbstbewusstsein verschafft haben, das von Stolz, Prestigedrang und nachhaltigem Wir-Gefühl zeugt. Schließlich geht es aber auch ganz einfach um die Frage: Was macht die Stadt in den Augen der antiken Menschen zur Stadt? Welche urbanen Qualitäten mussten erfüllt sein, damit ein Gemeinwesen den Anspruch erheben konnte, sich auf Augenhöhe mit anderen Städten zu befinden? Die hier gesammelten Beiträge, die nicht nur die großen Zentren, sondern auch Städte verschiedenster Größenordnungen bis an die Peripherie der Mittelmeerwelt im Zeitraum vom 7. Jahrhundert v. Chr. bis in die Spätantike in den Blick nehmen, geben unterschiedliche Antworten darauf: Es gibt durchaus wiedererkennbare Muster und verbindliche Normvorstellungen, aber nicht minder eigenwillige Lösungen und Sonderwege, dank derer die Städte ein eigenes Image entwickeln konnten.