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Kalypso, Kirke und die Sirenen
Motive der Odyssee bei Max Beckmann und seinem Meisterschüler Ottokar Gräbner
Eine biographisch geprägte Auseinandersetzung mit Odysseus und Odyssee erfolgt auch bei Max Beckmann (1884–1950), der von 1937–1947 im Exil in Amsterdam lebte, bevor er in die USA emigrierte. Harald Schulze vergleicht das Werk dieses Einzelgängers mit dem kaum gewürdigten graphischen Œuvre seines weitgehend in Vergessenheit geratenen Meisterschülers Ottokar Gräbner (1904–1972), die beide – trotz sonst unterschiedlicher Lebensschicksale – die Ära der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland tief traumatisierte und prägte. Beide Künstler haben sich in ihrem jeweiligen Medium mit der Odyssee auseinandergesetzt. Max Beckmann schafft mit seinem Gemälde Odysseus und die Sirenen 1933 ein Sinnbild seiner Situation im hereinbrechenden Nationalsozialismus; zehn Jahre später im Amsterdamer Exil – mitten im Inferno des Zweiten Weltkrieges – entsteht mit Odysseus und Kalypso ein zweites Bild, das ebenfalls auf die Situation des Künstlers rekurriert, der sehnsuchtsvoll auf die Rückkehr in die Heimat wartet. Für Gräbner werden in der Nachkriegszeit die Erfahrungen seiner langen Reisen durch den Mittelmeerraum zu wichtigen Inspirationsquelle. In seinem bisher unpublizierten Holzschnittzyklus der Jahre 1953–1955 verarbeitet er Szenen aus der Odyssee. Es sind düstere Bilder, die den Helden in seinem Ausgeliefertsein an die göttlichen Wirkkräfte der Natur zeigen.