How to Cite

Schweibenz, Werner: Der Yellow-Milkmaid-Effekt und das digitale Double – Zur Wirkmächtigkeit digitaler Bilder: Kunstwerk, Original, Reproduktion, analog und digital, Reproduzierbarkeit, Faksimile, Surrogat, perfekte Kopie, in Kuroczyński, Piotr, Bell, Peter and Dieckmann, Lisa (Eds.): Computing Art Reader: Einführung in die digitale Kunstgeschichte, Heidelberg: arthistoricum.net-ART-Books, 2018 (Computing in Art and Architecture, Volume 1), p. 218–231. https://doi.org/10.11588/arthistoricum.413.c5824

Identifiers (Book)

ISBN 978-3-947449-16-3 (PDF)
ISBN 978-3-947449-15-6 (Softcover)
ISBN 978-3-947449-67-5 (Hardcover)

Published

12/10/2018

Authors

Werner Schweibenz

Der Yellow-Milkmaid-Effekt und das digitale Double – Zur Wirkmächtigkeit digitaler Bilder

Kunstwerk, Original, Reproduktion, analog und digital, Reproduzierbarkeit, Faksimile, Surrogat, perfekte Kopie

Die Digitalität von Bildern ist Voraussetzung für ihre uneingeschränkte Verbreitung über und ihre allgemeine Zugänglichkeit im Internet. Einerseits führt dies zu einer Bilderflut, welche die digitalen Bilder beliebig und austauschbar werden lässt. Andererseits erlangen digitale (Ab-)Bilder durch ihre schiere Anzahl und Allgegenwärtigkeit eine Wirkmächtigkeit, die sogar diejenige der Fotografie in ihren Hochzeiten übertrifft. Bedingt durch die massenhafte Rezeption im Internet scheint das digitale Bild zu einer eigenständigen Quelle der Erfahrung zu werden, die sich zusehends von der Erfahrung des Originals löst. Als Beispiel für die Wirkkraft digitaler Bilder dient der Yellow-Milkmaid-Effekt. Dieser steht für eine Erfahrung, welche das Rijksmuseum Amsterdam mit Jan Vermeers Gemälde Die Milchmagd machte. Nach Recherchen des Museums kursieren im Internet mehr als 10.000 Kopien der Milchmagd; die meisten davon qualitativ schlechte Reproduktionen, häufig mit einem Gelbstich. Obwohl für Experten als qualitativ minderwertig erkennbar, scheinen sie auf Laien echt zu wirken und eine konditionierende Wirkung zu entfalten. Wie das Rijksmuseum feststellen musste, glaubten Besucher nicht, dass die qualitativ hochwertigen Postkarten im Museumsshop das originale Gemälde abbilden. Deshalb entschloss sich das Museum gegen die Wirkkraft der gelbstichigen Bilder vorzugehen und stellte eine hochaufgelöste Reproduktion des Originals ins Internet. Dieses Beispiel wirft Fragen zur Wirkkraft digitaler Reproduktionen auf. Der Beitrag geht dem nach, auch anhand von Beispielen wie dem digital erzeugten Faksimile von Paolo Veroneses Hochzeit von Kanaan als perfekter Kopie und des mit Hilfe künstlicher Intelligenz auf der Grundlage von 346 Rembrandt-Porträts erschaffenen Stilbildnisses The Next Rembrandt.