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Erzählung einer Erzählung
De- und Rekonstruktion von Film und Mythos in Jean-Luc Godards 'Le Mépris'
Wie viele andere Monumentalfilme der 1950er- und 1960er-Jahre zog Die Fahrten des Odysseus eine große Zahl an Zuschauern in die Kinos und hat dementsprechend das populäre Bild der Odyssee nicht unwesentlich mitgeprägt. Gerade von dieser Art des kommerziellen Monumentalfilms hebt sich Jean-Luc Godards Film Le Mépris 1963 bewusst und sogar explizit ab, wie Bruno Grimm in seinem Beitrag feststellt, wenn er den filmhistorisch bedeutenden Regisseur Fritz Lang und den die Masse adressierenden Produzenten Jérémie Prokosch in einer gemeinsamen Odyssee-Produktion aufeinanderprallen und das daraus resultierende Dilemma in der Figur des Autors, Paul Javal, verkörpert sein lässt. Der ruinöse Zustand der Ehe dieses modernen Odysseus bietet zudem eine Parallele zu der angestrebten psychologischen Neukonstellation des zu verfilmenden Epos. Zugleich rufen der thematisierte Filmdreh und die fortwährend eingebetteten Bezüge zu anderen Filmen und Autoren Brüche auf, die den Zuschauer zu einem aktiven Umgang mit Le Mépris befähigen und ihn so nicht nur zur Interpretation anregen, sondern ihn auch vergleichen lassen, wie Godard und Homer „vom Erzählen erzählen“, denn nicht zuletzt die Erzählstruktur beider Werke scheint für das Entstehen des Mythos von entscheidender Relevanz zu sein. Im Falle Godards ist es Fritz Lang beziehungsweise das Kino der 1920er-Jahre, die in diesem, die Odyssee nur punktuell streifenden Film im Vergleich zum zeitgenössischen Film idealisierend zum Mythos erhoben werden.