Zitationsvorschlag

Hüther, Andreas: Keltische Forschungen im 19. Jahrhundert zum Zweck regionaler Identitätskonstruktionen: Eine Forschungsskizze, in Germanisches Nationalmuseum, Wiwjorra, Ingo und Hakelberg, Dietrich (Hrsg.): Archäologie und Nation: Kontexte der Erforschung „vaterländischen Alterthums“: Zur Geschichte der Archäologie in Deutschland, Österreich und der Schweiz, 1800 bis 1860, Heidelberg: arthistoricum.net, 2021, S. 253–260. https://doi.org/10.11588/arthistoricum.801.c11986

Identifier (Buch)

ISBN 978-3-948466-84-8 (PDF)

Veröffentlicht

13.07.2021

Autor/innen

Andreas Hüther

Keltische Forschungen im 19. Jahrhundert zum Zweck regionaler Identitätskonstruktionen

Eine Forschungsskizze

Unter dem Vorwurf der Keltomanie wurden im Laufe des 19. Jahrhunderts in Deutschland bestimmte Autoren persönlich angegriffen und wissenschaftlich diskreditiert, die für Kelten und Keltisches einen Platz in der Nationalgeschichte sahen. Auch wenn nach damaliger und heutiger Auffassung diese Arbeiten nicht primär aufgrund wissenschaftlicher Motivationen entstanden sind, können die Werke der sogenannten Keltomanen Aufschluss geben über die Schaffung regionaler Identitäten in einer Zeit wachsender überregionaler nationaler Identität. Das Sammeln von regionalen Ortsnamen und anderen keltischen Denkmälern und deren Interpretation schuf eine „raumbezogene Identität“, da die „Wahrnehmung der zeitlichen Konstanz und Beständigkeit der physischen Umwelt“ ein Sicherheitsgefühl für Individuen gerade in unruhigen Zeiten schaffte. Von Franz Joseph Mone, Wilhelm Obermüller und Adolf Bacmeister wurden Teile des Identitäts-Mosaiks geschaffen, die es den Menschen in den nichtpreußischen Staaten ermöglichte, sich zuerst als Badener, Hessen und Württemberger zu sehen und dann als Deutsche. Diese Erkenntnis unterstützt die Thesen von Celia Applegate, Alon Confino, Dieter Langewiesche und anderen, dass föderale Konzepte integraler Bestandteil der Nationswerdung Deutschlands im 19. Jahrhundert waren.