Zitationsvorschlag

Dickel, Hans: Die Befreiung vom Pittoresken: Joseph William Turner in Oberfranken, in Effinger, Maria et al. (Hrsg.): Von analogen und digitalen Zugängen zur Kunst: Festschrift für Hubertus Kohle zum 60. Geburtstag, Heidelberg: arthistoricum.net, 2019, S. 151–160. https://doi.org/10.11588/arthistoricum.493.c6553

Identifier (Buch)

ISBN 978-3-947449-57-6 (PDF)
ISBN 978-3-947449-58-3 (Softcover)
ISBN 978-3-947449-59-0 (Hardcover)

Veröffentlicht

07.06.2019

Autor/innen

Hans Dickel

Die Befreiung vom Pittoresken

Joseph William Turner in Oberfranken

Mit seinen Aquarellen zu den touristischen Sehenswürdigkeiten des Rheintals, Burgruinen, Kirchtürmen und dramatisch steilen Felsschluchten, die er gemäß der Ästhetik des Pittoresken (William Gilpin) darstellte, hatte Turner jahrelang den Geschmack des englischen Reisepublikums bedient. In seinem Spätwerk löste er sich zunehmend vom Motiv und verselbständigte seine Bilder zu malerischen Experimenten mit Farbe und Licht. Andere Stimmen aus dem kunsttheoretischen Diskurs mögen ihn dabei ermutigt haben, etwa Archibald Alison, der die Freiheit der Farbgebung und ihre Kraft zur Evokation höher schätzte als die akkurate Imitation. Eine Folge von Aquarellen aus Oberfranken zeigt diese Loslösung von der Ästhetik des Pittoresken besonders gut auf, sie steht in Verbindung mit Turners Aufenthalt in Coburg, dem Geburtsort von Queen Victorias Gatten Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, dem er ein großes Landschaftsgemälde gewidmet hat. Nun kommt die Seherfahrung der Kontingenz zum Ausdruck, im Wechsel zwischen Erkennen und Nicht-Erkennen vermitteln die Bilder das visuelle Erlebnis einer sinnoffenen Wahrnehmung.