Zitationsvorschlag

Greub, Thierry: Barnett Newman: Die Einsetzung des homerischen Helden als ’vir heroicus sublimis’, in Dolle, Katrin und Dreiling, Semjon Aron (Hrsg.): Space Oddities: Die homerische Irrfahrt in Bildkünsten und Populärkultur 1800–2021 (Europa – USA – Südamerika), Heidelberg: arthistoricum.net-ART-Books, 2022, S. 339–357. https://doi.org/10.11588/arthistoricum.941.c12468

Identifier (Buch)

ISBN 978-3-98501-050-9 (PDF)
ISBN 978-3-98501-051-6 (Hardcover)

Veröffentlicht

13.04.2022

Autor/innen

Thierry Greub

Barnett Newman: Die Einsetzung des homerischen Helden als 'vir heroicus sublimis'

Auch Barnett Newman (1905–1970) bricht mit den noch bis ins 20. Jahrhundert geltenden Darstellungskonventionen, indem er – statt symbolischer Vergleichsmomente – gewissermaßen die in den Helden Achill und Odysseus inhärenten, affektiv-moralischen Qualitäten in den Fokus rückt bzw. durch die Gemälde im Betrachter auszulösen sucht. Der amerikanische Maler, Bildhauer und Hauptvertreter des abstrakten Expressionismus schuf 1952 zwei Gemälde, die im Titel die beiden Haupthelden von Homers Epen Ilias und Odyssee nennen: Ulysses (The Menil Collection, Houston) sowie Achilles (National Gallery of Art, Washington). Beide Arbeiten überraschen durch ihre Thematisierung der Antike innerhalb von Newmans Œuvre, denen Thierry Greub durch seine einprägsamen Überlegungen – gegenüber den bislang forciert in den Vordergrund gerückten biblischen Sujets – erstmals seine volle Aufmerksamkeit widmet. Newman visualisiert keine der tradierten Episoden, wie etwa Achilles Kampf mit Hektor oder den sich nach seiner Heimkehr verzehrenden Odysseus am Strand von Ogygia. Er zielt mit seiner Bildfindung, die sich bewusst jeglicher herkömmlichen Bildnarration widersetzt, allein auf die „Selbsterschaffungen im Moment der Wahrnehmung“, die jeden Betrachte auf seine Weise – so Greub – zu einem „modernen, tragischen, selbstbestimmten Menschen als vir heroicis sublimis“ macht.