Zitationsvorschlag
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Identifier (Buch)
Veröffentlicht
„Painting is dead – long live painting!”
Dalís homerische Apotheose
Als eine „detaillierte Schilderung der Welt der Blinden“ beschrieb Salvador Dalí (1904–1989) sein um 1944/45 in den USA entstandenes Gemälde Apotheose des Homer (Tagtraum von Gala) das gleich auf mehreren Ebenen die surrealistische Maxime der geschlossenen Augen als Metapher der inneren Wahrnehmung propagiert. Jennifer Jäger diskutiert dieses auf den ersten Blick enigmatische Gemälde ausgehend von einer detaillierten Betrachtung des Originals in der Pinakothek der Moderne in München. Das Traumbild, das der am Boden liegenden, nackten Gala hier erscheint, dominiert im Zentrum eine monumentale, jedoch versehrte Marmorbüste Homers. Gestützt von einer Krücke und besiedelt von Ameisen als Zeichen des Verfalls, scheint sie mehr tot als lebendig. Anstelle der Augen des blinden Sehers verunstaltet das Haupt eine tiefe Kerbe, während sein Mund ein kleines, kindliches Gesicht als „Engel der Rede“ gebiert; im Hintergrund fährt derweil eine furchteinflößende Galatea auf einem Triumphwagen gen Himmel auf. „Handelt es sich hier, wie es der Bildtitel […] suggeriert, um die surrealistische Verherrlichung des antiken Poeten […]? Oder bröckelt nicht vielmehr sein Bild, werden die antiken Mythen vielleicht gar nicht mehr gebraucht angesichts der aufziehenden Herrschaft des eigenen Unbewussten, der angestrebten Neuordnung der Realitäten in der Moderne?“ – so fragt die Autorin.