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Menschenversuche in der Weimarer Republik
Medizinische Menschenversuche ohne Einwilligung der Probanden waren in der Weimarer Republik die Regel. Versuche aller Art wurden im Rahmen therapeutischer Forschung oder zum Zwecke des allgemeinen Erkenntnisgewinns an Klinikpatienten ohne deren Wissen durchgeführt. Bei den Versuchspersonen handelte es sich meist um leidenserfahrene, autoritäts- und abhängigkeitsgewöhnte, sprach- und mittellose Patienten. Als Preis für ihre stationäre Behandlung wurde die freie Verfügbarkeit über ihre Körper für wissenschaftliche Versuche erwartet.
Der Arzt und sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Julius Moses wies gegen Ende der Weimarer Republik auf diese Missstände hin. Unter der Überschrift „100 Ratten und 20 Kinder! Arbeiterkinder als Experimentierkarnickel“ veröffentlichte er 1928 im „Vorwärts“ eine Anklage gegen die Experimente eines Klinikarztes und brachte damit einen öffentlichen Skandal ins Rollen. Der Protest auf die entmündigenden Zustände im klinischen Forschungswesen während der Weimarer Republik und Moses’ „Kampf gegen die Experimentierwut“ führten schlussendlich zur Entwicklung von Forschungsrichtlinien.
Unveränderter Nachdruck der Erstausgabe von 2004.